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Stille Nackt

  • alq504
  • 21. Dez. 2023
  • 2 Min. Lesezeit

Veröffentlicht in Landau:“Die Rheinpfalz” vom 24. Dezember 2006


„Stille Nackt, heilige Nackt . . .“, nein, es ist kein Tippfehler, sondern der australische Versuch, ein deutsches „ch“ auszusprechen, der Kehllaut, der ihnen nicht gelingen will. „Alles schlaaft . . .“, ja, auch die deutschen Umlaute haben ihre Tucken, pardon Tücken, dennoch klingt es mit Pathos durch die Gemeindehalle „einsam wackt . . . ", und nichts, aber auch nichts, kann sie davon abhalten, das Lied auf Deutsch zu schmettern.


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„Sie“, das sind Mitglieder eines Gemeindechors auf Tasmanien, der australischen Insel kurz vor dem Südpol. Geprobt wird hier in einem kleinen Dorf an Tasmaniens Ostküste für ein Weihnachtskonzert, und weil sie eine Deutsche im Chor haben, wird auch „Stille Nacht“ gesungen. Dass sie der einzige tasmanische Chor sind, der das Lied in der Originalsprache wagen will, schreckt sie nicht ab; dass keiner die Sprache spricht, noch viel weniger. 

„Stille Nackt - no problem, hey“, und weiter:"Wie wär's denn mit dem Song, den Elvis Presley gesungen hat?, fragt eine und summt gleich ein paar Takte dazu.

„Muss i denn zum Städtele hinaus?“

Ja genau, das ist es, das wollen sie auch singen, und schon schunkeln sie in der vorderen Reihe. „Ist aber nicht ganz einfach mit der Aussprache“, sagt die wohlmeinende FrauLehrerin.

That's okay, don't worry, love!“

Nein, warum sich auch sorgen - es geht ja nur um „Städtele“ und „zum“ und „bleibst“ und all die andern Feinheiten deutscher Sprache, die über Jahrhunderte von einer Zunge geübt werden wollen! Doch wen kümmert's? „She'll be right“, die australische Zauberformel für Probleme wirkt immer, und so jauchzen wir „summ Staadele hinuus“ über den Ozean. 


Weihnachten am anderen Ende der Welt - das sind Sommertemperaturen und kleine, weiße Wellen am Sandstrand; das ist ein Chor in T-Shirts und Shorts auf der Dorfbühne, grüne Plastik-Tannenzweige, die im offenen Fenster baumeln, das ist „oh Tannebohm, oh Tannebohm“, geträllert in Gummisandalen. 


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Die Rheinpfalz vom 24.12. 2006




Während ich versuche zu erklären, was ein „Städtele“ ist, lächelt Queen Elizabeth aus ihrem Bilderrahmen an der Wand auf ihre multikulturelle Schar herab. 

„Also, könnte man Hobart auch ein Staadele nennen?“, fragen sie, der Bezug zu ihrer Hauptstadt liegt nahe. 

„Ja, Hobart ist auch ein Städtele, ein Stääää . . .”, sagt FrauLehrerin, „äääää - herrgottnochmal!“ 

„Und du? Kommst du aus einem deutschen Staadele?“ 

„Ja, ich komme auch aus einem Staadele, äh, Städtele.“ 

„Und wie heißt die little town?“

„Landau, Landau in der Pfalz.”

„Laanda…in...the...what?“

„Pfalz - die Pfalz, wo der gute Riesling herkommt!“

German Reisling - ahh, and the lovely Pals - she's all right, mate!”


Die Aufklärungsarbeit hat Früchte getragen, die Brücke zur Südpfalz ist geschlagen, jetzt ist kein Halten mehr:

Let's sing Stille Nackt for the Staadele in the Pals!



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Und genau so geschah es dann: Heilig Abend um 20 Uhr in der Gemeindehalle Dunalley auf Tasmanien grüßte der Kinder- und Erwachsenenchor das Städtele Landau in „the lovely Pals“.

Frohe Weihnachten und Merry Christmas!






Oben: Bruny Island beherbergt eine Gruppe von sehr seltenen weißen Kängurus, passend für weiße Weihnachten!


Rechts: Winter-Weihnacht im sommerlichen Hobart;

Credit: Gerard Mocellin


Unten: Der Weihnachtsumzug, Hobart City Council

               


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