Pfälzer Backkunst mit Tücken
- alq504
- 31. März 2024
- 3 Min. Lesezeit
Es ist Ostern und wir haben Herbst.
Während ich meinen Osterstrauß schmücke, fällt mir auf, dass das alljährliche Ritual nicht so richtig in frühlingshaftem Grün gelingen will. Jaja, ich sehe dich schon schmunzeln, genau, das liegt wohl daran, dass es hier weder frisches Grün noch Frühling gibt.
Es fehlen auch Ostereierfarben und natürlich Osterglocken, aber wirklich schmerzhaft für mich - ich habe keine Tulpen! Da zwickt es wieder, das Heimweh. Die alten Rituale, erlernt von Kindheit an setzen sich durch im Kopf - Tulpen, bunte Eier, Osternester.

"Sag mal, kannst du mir etwas Moos finden in deinem großen Inselgarten?"
"Machst du Witze? Wir haben Kängurus, aber Moos . . . ", HerrIngenieur ist ungnädig und stiefelt hinab in den eingezäunten Garten - aber woher das grüne Moos nehmen, wenn die Natur eines ganzen Kontinents braun wird, weil es kaum geregnet hat?

Links: Petits Fours, Sabines Konditorei
Auch die Sache mit österlicher Backkunst gelingt nicht wie gewünscht, denn uns steht der Sinn nach Hefezopf und Biskuit-Hasen, doch leider nicht zu finden in den örtlichen Bäckereien, stattdessen ein ungeheures Gedöns um Hot Cross Buns! Ich verstehe nach 30 Jahren immer noch nicht, was es mit diesen freudlosen Backteilchen auf sich hat, aber die Aufregung darum hat hier Tradition, man muss die Buns beim Bäcker vorbestellen zum Karfreitag, denn ohne sie ist Ostern gerade mal bedeutungslos!
(Am besten googeln, denn erklären lässt es sich nicht . . .)
Unser Tiefpunkt wurde bereits vor einigen Wochen erreicht, als die Gier auf „echten deutschen“ Kuchen zum Himmel schrie: Herr, lass Manna regnen, gib uns irgendwas - Quetschekuche und Grumbeersupp! Eine echte Schneckenudel, bittebitte, oder ganz bescheiden, etwas Streuselkuchen vielleicht?

Es wurde nicht erhört.
„Also“, sagte FrauLehrerin schließlich, „du musst jetzt ran!“
Will heißen, der Mann im Haus musste sein Werkzeug auspacken, Kuchen produzieren, Sahne drauf – fertig; es sollte schnell und zügig vonstatten gehen, getrieben von den Erinnerungen, als die Sonntage in Landau mit der Pfalzgold-Torte vom Café Oswald geschmückt waren! Oder der echte Bienenstich! Für den sind wir kilometerweit zu Sabines Konditorei nach Rodalben gedüst, könnte das hier unten etwa Bee Sting heißen - nee oder?
HerrIngenieur liebt es kompliziert.
„Wie wäre es mit französischer Brioche . . .?“
„Na gut, aber nun mach mal . . .“ Tatsächlich kamen die kleinen Dinger wunderbar golden und saftig aus dem Backofen und wie zufällig auch die Nachbarin vorbei . . . Waren wir bisher die Rentner aus Deutschland, wurden wir nun „die Deutschen, die so wunderbare Brioches machen, hmmm!“

Inzwischen haben wir eine Art Karriere hingelegt, sind zu den Deutschen geworden, die Schneckennudeln selbst backen, und weiter ging‘s die Erfolgsleiter hoch mit HerrIngenieur, „der eine echte Schwarzwälder Kirsch gemacht hat.“ Auch FrauLehrerin hat neulich eine wunderbare Gulaschsoup gekocht, really nice! Und irgendwie haben wir uns daran gewöhnt, dass immer jemand zu Besuch ist, wenn es dann soweit ist.
Und nun zu Ostern. Die deutsche Backkunst könnte ausarten, ich ahne schon, dass demnächst die Landfrauen fragen, ob HerrIngenieur vielleicht Mitglied werden möchte, das muss jetzt mal aufhören . . .
„Was gibt´s denn so eher Seltsames in der Pfälzer Küche?“, frage ich den echten Landauer, er muss es wissen.
„Etwas, was Australier so richtig gruseln lässt?“, sinniere ich heimtückisch vor mich hin.
HerrIngenieur geht systematisch vor: „Liptauer, trockene Brezeln, Bratwurst und Sauerkraut.“
„Nicht schräg genug, sie mögen die Butter im Liptauer und tunken die Brezeln beim Grillen ins Bier“, doziert FrauLehrerin, „und mit Bratwurst und Kraut denken sie ans Oktoberfest, nee, es muss schlimmer werden!“
In meiner Erinnerung taucht etwas auf, das ich, die Saarländerin, beim ersten Besuch in der Südpfalz erlebte: „Das isses!“, rufe ich begeistert, „Handkees mit Musik!“
Ach, es war sooo gruselig damals bei den fröhlichen Schorle-Trinkern auf dem „Handkeesfescht“ in Lustadt; schlimm war nicht die Mischung von Weichkäse mit rohen Zwiebeln, sondern die Erklärung eines echten rotwangigen Handkäs-Spezialisten: „Du weißt ja, wie der gemacht wird“, süffisant holte er Luft, „für die echte Würze muss der Handkäse in den Achselhöhlen in Form gepresst werden, etwa so . . .“, führte er es vor!
Und ja doch, der Gedanke, mal das Handkäs-Achsel-Ritual zu demonstrieren, hier vor ahnungslosen Inselbewohnern, lässt mich durchaus genüsslich schaudern . . .
Und der Ruf unserer Backstube dürfte erfolgreich ruiniert sein.
Andererseits, diese Bruny Islander sind hart im Nehmen, man kann sie nur schwer davon abhalten, ihre fremdartigen Nachbarn zu mögen.


Oben: Sabines-Konditorei.de
Unten: Der geniale HerrIngenieur kann es auch!




Frohe und friedliche Ostern!


